Vertragsauflösung oder Kündigung aus wirtschaftlichen Gründen

Die spanische Arbeitsgesetzgebung hat in letzter Zeit einige bedeutende Änderungen erlebt. Vor dem Hintergrund der Wirtschafts- und Finanzkrise und um die wirtschaftlichliche Wettbewerbsfähigigkeit Spaniens zu erhalten, wurde die Gesetzesverordnung (Real Decreto-ley 3/2012, vom 10. Februar „Dringende Maßnahmen zur Reformierung des Arbeitsmarktes“ – „medidas urgentes para la reforma del mercado laboral“) verabschiedet, die u.a. zu einer Lockerung des Kündigungsschutzes im Falle einseitiger Vertragsauflösungen aus wirtschaftlichen Gründen führt.

Der vorliegende Artikel, der in keiner Weise eine vollumfängliche Beratung ersetzen kann, soll eine Einführung in die rechtlichen Rahmenbedingungen dieses konkreten Aspekts des Arbeitsrechts leisten, um so das grundsätzliche Verständnis für die Gesetzesreform zu fördern.

 

Definition und Gesetzgebung

Zur Erläuterung dieses Themenkomplexes sind folgende Normen am wichtigsten: Art. 49.1.l), 51.1, 52 c) und 53 des Arbeitnehmerstatutes (Ley del Estatuto de los Trabajadores). Die Kündigung aus wirtschaftlichem Grund bleibt einer der anerkannten Fälle, in denen der betriebsbedingte Stellenabbau möglich ist (die anderen beiden Fälle sind technische Gründe und Organisationsgründe).

Art. 52 des Arbeitnehmerstatutes beinhaltet eine Aufzählung von objektiven Gründen auf die eine Kündigung in zulässiger Weise gestützt werden kann. Durch den Verweis auf Art. 51.1 des Arbeitnehmerstatutes werden auch wirtschaftliche Gründe, auf die eine Massenentlassung gestützt werden kann, zu zulässigen Kündigungsgründen im Einzelfall. Art 52. c) des Arbeitnehmerstatutes beschränkt die Anwendung dieser Gründe nur insoweit, als dass die Zahl der Entlassungen nicht die Schwelle zur Massenentlassung gem. Art. 51 des Arbeitnehmerstatutes erreichen darf. Diese Schwelle markiert folglich den wichtigsten Unterschied zwischen Massenentlassungen und einzelnen Kündigungen. Auch wenn sich selbstverständlich weitere Unterschiede zwischen diesen beiden Kündigungsvarianten ergeben, vor allem was die formellen Voraussetzungen und das entsprechende Verfahren betrifft, so ist die zugrunde liegende Systematik dennoch dieselbe.

Im Rahmen der betriebsbedingten Kündigungsgründe ist bei der Kündigung aus wirtschaftlichen Gründen besonders hervorzuheben, wie sich die Änderungen durch die Gesetzesverordnung (Real Decreto-ley 3/2012) auf diese auswirken, insbesondere wie sehr die bestehenden Hürden für eine solche Kündigung verringert wurden.

Die nun geltende Fassung zu den wirtschaftlichen Gründen lautet folgendermaßen:

„Wirtschaftliche Gründe liegen in der Regel dann vor, wenn sich aus den Ergebnissen des Unternehmens eine schlechte wirtschaftliche Lage ergibt, dies zeigt sich z.B. in tatsächlichen oder drohenden Verlusten, oder in einem dauerhaften Rückgang von Erträgen oder Verkaufszahlen. Von einem dauerhaften Rückgang ist dann auszugehen, wenn in drei aufeinanderfolgenden Quartalen der Absatz niedriger ist, als er es in den entsprechenden Quartalen des Vorjahres war.“

Die Norm bezieht sich auf einen sehr vagen Begriff, nämlich die schlechte wirtschaftliche Lage, und lässt die Aussage zu möglichen Indikatoren einer solchen Lage bewusst offen. Hinzu kommt, dass keine Aussage in Bezug auf die Schwere der schlechten wirtschaftlichen Lage getroffen wird und der eher vage Begriff der drohenden Verluste aufgenommen wurde. Gleichzeitig legt die Norm einen sehr konkreten Fall der negativen wirtschaftlichen Lage dar, nämlich den der rückläufigen Absatzzahlen. Während die Analyse dieses Absatzes des Art. 51 des Arbeitnehmerstatutes ergeben hat, dass der Begriff der wirtschaftlichen Gründe äußerst flexibel ist, kommt noch verschärfend hinzu, dass das Gesetz keine Prüfung der Kündigung auf Angemessenheit vorsieht.

 

Konkrete Merkmale wirtschaftlicher Gründe

Gemäß Art. 51.1 des Arbeitnehmerstatutes gibt es mindestens drei Merkmale aus denen sich ergeben kann, dass sich ein Unternehmen in einer schlechten wirtschaftlichen Lage befindet. Diese Merkmale sind die folgenden:

1. Tatsächliche Verluste: Dieses Merkmal bereitet die wenigsten Probleme, da sich in diesem Fall die schlechte wirtschaftliche Lage leicht anhand veröffentlichter Geschäftszahlen oder durch eine externe Überprüfung der einschlägigen Dokumente beweisen lässt.

2. Drohende Verluste: Hier ist das Gegenteil der Fall, denn drohende Verluste lassen sich naturgemäß eher schwer überprüfen, da sie sich auch schwer darstellen lassen. Trotzdem sollte eine ausführliche Analyse der Geschäftsunterlagen, die eine klare negative Tendenz erkennen lässt, den gesetzlichen Anforderungen genügen.

3. Dauerhafter Ertragsrückgang: Für dieses Merkmal gilt dasselbe, wie für die tatsächlichen Verluste. Der einzige Unterschied besteht darin, dass noch kein negatives Geschäftsergebnis eingetreten sein muss.

 

Praktische Bedeutung

Auch wenn es zutrifft, dass die betriebsbedingte Auflösung oder Kündigung von Arbeitsverträgen einfacher geworden ist, so bleibt den Arbeitsgerichten dennoch die Möglichkeit die neuen Bedingungen streng auszulegen und hohe Anforderungen an die Argumentation und Beweisführung der Parteien zu stellen, um so Missbrauch vorzubeugen.

Nicolás Melchior
Mariscal Abogados, Rechtsanwälte Madrid, Spanien

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